Ishikawa Diagramm – Ursachenanalyse mit dem Fischgrät-Diagramm

Ishikawa Diagram or Fishbone Diagram

Zusammenfassung: Um in der Fertigung eine hohe Produktqualität und störungsfreie Prozesse zu gewährleisten, ist es unerlässlich, die Ursachen von Problemen zu ermitteln. Eine bewährte Methode zur Ursachenanalyse (Root Cause Analysis) ist das Ishikawa-Diagramm, auch als Fischgrätdiagramm bekannt. Es wurde von Kaoru Ishikawa, einem renommierten japanischen Experten für Qualitätskontrolle, entwickelt. Das Ishikawa-Diagramm stellt visuell die möglichen Ursachen dar, die zu einem bestimmten Ereignis oder Problem beitragen.

Was ist ein Ishikawa Diagramm?

Das Ishikawa-Diagramm wurde in den 1940er Jahren von dem japanischen Wissenschaftler Kaoru Ishikawa neben weiteren Qualitätswerkzeugen entwickelt, und ist eines der sieben elementaren Qualitätswerkzeuge („Seven Tools of Quality“, auch Q7 abgekürzt.). Es analysiert wesentliche Faktoren und deren Auswirkungen auf ein spezifisches Problem. Im Mittelpunkt steht meist die Identifizierung der zugrunde liegenden Ursache (Root Cause). Aufgrund seiner formellen Struktur, die an das Skelett eines Fisches erinnert, wird dieses Diagramm auch als Fischgräten-Diagramm oder Ursache-Wirkungs-Diagramm bezeichnet. Jede „Gräte“ des Diagramms repräsentiert dabei einen der kritischen Einflussfaktoren, die zur Entstehung des Problems beitragen. Die Methode ist hilfreich, um komplexe Zusammenhänge zu visualisieren und systematisch zu entschlüsseln. Durch die klare Kategorisierung von Ursachen können Unternehmen effiziente Gegenmaßnahmen für identifizierte Problemursachen entwickeln und die Qualität ihrer Prozesse nachhaltig verbessern.

Die 7 Ms des Ursache-Wirkungs-Diagramms

Das Ishikawa-Diagramm (Cause-and-Effect Diagram) beschränkte sich zu Zeiten Kaoru Ishikawas auf die Analyse von vier Haupteinflußgrößen, heute werden meist sieben analysiert – die sog. 7 Ms:

  • Mensch: Faktoren, die von den Handlungen und Fähigkeiten einzelner Personen abhängen (z.B. mangelnde Kenntnisse)
  • Maschine: Untersuchung der Funktionalität und Vollständigkeit der eingesetzten Arbeitsmittel (Anlagen, Maschinen), die für das Problem verantwortlich sein könnten
  • Methode: Analyse der angewandten Arbeitsmethoden und Verfahren auf ihre Effizienz und Eignung
  • Material: Überprüfung der Materialqualität (eingesetzte Ressourcen), um Mängel oder Fehlerquellen zu identifizieren
  • Milieu (Umwelt): Betrachtung der relevanten Umwelteinflüsse (z.B. Kunden, Gesetze oder der Markt) die den Prozess beeinflussen können
  • Management: Bewertung der Führung und ihrer Entscheidungen, die den Prozess steuern
  • Messung: Analyse der verwendeten Mess- und Bewertungsmethoden.

In einigen Fällen werden auch sechs oder acht Einflussgrößen untersucht. Bei den 6 Ms fällt die Messtechnik weg, während bei den 8 Ms zusätzlich Money (finanzielle Ressourcen) berücksichtigt wird. Die genaue Struktur des Diagramms variiert je nach Anwendungsbereich und Zielsetzung.

Ishikawa Diagramm

Erstellung des Ishikawa-Diagramms

Das Ishikawa Diagramm kann mit der 5-Why-Methode (zur Vertiefung der Ursachenanalyse) oder mit einer Pareto-Analyse (Priorisierung der relevantesten Ursachen) kombiniert werden. Die Erstellung erfolgt in einem strukturierten Prozess, der typischerweise in Gruppenarbeit durchgeführt und nutzt Kreativtechniken wie Brainstorming, um alle relevanten Einflussfaktoren zu erfassen. Das Fischgräten-Diagramm solle für alle Teammitglieder sichtbar erstellt werden (z.B. auf Flipcharts oder Wandtafeln). 

1. Vorbereitung des Diagramms

Zunächst wird ein horizontaler Pfeil gezeichnet, der nach rechts weist. Am Ende dieses Pfeils steht das Ziel oder das Problem, das das Team gemeinsam identifiziert und präzise formuliert hat. Das Problem sollte klar, präzise und messbar formuliert sein z.B. „Hohe Ausschussrate bei Bauteil XY in Produktionslinie Z.“ Von diesem zentralen Pfeil ausgehend, werden diagonale Pfeile platziert, die die Hauptkategorien der Einflussfaktoren repräsentieren. Diese Kategorien symbolisieren die Bereiche, die potenziell zur Entstehung des Problems beitragen. Ein Pfeil zeigt an: „trägt dazu bei, dass…“

2. Sammlung von Haupt- und Nebenursachen

Im nächsten Schritt werden mithilfe von Kreativitätstechniken Ursachen des Problems identifiziert. Es sollen möglichst viele Ursachen und Einflussfaktoren für ein Problem gefunden werden. Dabei kommen unterschiedliche Quellen und Perspektiven zur Sprache. Die gesammelten Faktoren werden durch eine ABC-Analyse priorisiert. Hierbei werden die Ursachen nach ihrem Einfluss auf das Problem in drei Kategorien unterteilt: „A“ für starke, „B“ für mittlere und „C“ für geringe Auswirkungen. Die Hauptursachen, die als kritisch angesehen werden, werden durch horizontale Pfeile dargestellt, die auf die jeweiligen Haupteinflussgrößen zeigen. Nebenursachen, also solche mit weniger Einfluss, werden in Form von diagonalen Pfeilen hinzugefügt und weisen auf Hauptursachen hin. 

3. Prüfung auf Vollständigkeit

Der dritte Schritt besteht darin, die identifizierten Ursachen weiter zu untersuchen und bei Bedarf zusätzliche Verästelungen hinzuzufügen. So entstehen immer detailliertere Unterkategorien, die die Ursachen des Problems noch präziser erfassen. Jede Verzweigung entspricht einer tiefergehenden Untersuchung und einer klaren Zuordnung der Ursachen zu den jeweiligen Kategorien.

4. Bewertung und Auswahl von Ursachen

In der vierten Phase erfolgt eine eingehende Diskussion der Ergebnisse innerhalb des Teams. Alle potenziellen Ursachen werden auf ihre Relevanz überprüft. Es wird überprüft, ob alle relevanten Faktoren berücksichtigt wurden und ob weitere Ursachen hinzugefügt werden müssen. Dabei ist es wichtig, dass alle Perspektiven einbezogen und keine potenziellen Einflussgrößen übersehen werden.

5. Ableitung von Maßnahmen

Der letzte Schritt umfasst die endgültige Dokumentation des Ishikawa-Diagramms und die Ableitung konkreter Maßnahmen zur Lösung des Problems. Die Analyse zeigt nicht nur, wo die Ursachen liegen, sondern auch, welche Hebel zur Problemlösung am wirkungsvollsten sind. Die Ergebnisse des Diagramms können als Grundlage für die Entwicklung von Prozessoptimierungen oder Verbesserungsmaßnahmen dienen. Ein Monitoring der Maßnahmen fördert kontinuierliche Verbesserungen (Kaizen).

 

Vor- und Nachteile des Ishikawa-Diagramms

Ishikawa Diagramm: Tabelle mit Vor-und Nachteilen des Ursache-Wirkungs-Diagramms

Einsatzmöglichkeiten der Ishikawa-Methode

Das Ishikawa-Diagramm ist ein flexibles Werkzeug, das universell eingesetzt wird, um Einflussgrößen, Variablen oder Störgrößen zu Problemen aufzudecken. Das Diagramm ist überall dort nützlich, wo Qualitätsmanagement eine Rolle spielt. Einige der wichtigsten Anwendungsbereiche:

  • Qualitätsmanagement: Systematische Analyse von Qualitätsmängeln, um deren Ursachen zu ermitteln und Lösungen zur Prozessverbesserung zu entwickeln.

  • Produktion: Ermittlung von Ursachen für Qualitätsprobleme, Prozessfehler oder Effizienzverluste (Identifikation von Engpässen und ineffizienten Abläufen) in der Fertigung

  • Logistik: Aufdeckung von Schwachstellen in logistischen Prozessen, wie Lieferverzögerungen oder Fehlbestände, und Entwicklung von Lösungen zur Optimierung der Lieferkette.

  • Entscheidungsfindung: Visualisierung von verschiedenen Einflussfaktoren, die eine Entscheidung beeinflussen, und deren Auswirkungen auf das Gesamtergebnis, um fundierte und effiziente Entscheidungen zu treffen.

  • Prozessanalyse: Analyse und Optimierung von Arbeitsabläufen und Geschäftsprozessen

  • Ursachenanalyse: Identifikation der zugrunde liegenden Ursachen von Problemen, insbesondere in komplexen Situationen mit mehreren Einflussfaktoren.

  • Fehlerprävention: Risikoanalyse und zur Identifikation potenzieller Problemursachen, bevor Fehler auftreten.

Tipps zur effektiven Nutzung eines Ishikawa-Diagramms

Um ein Ishikawa-Diagramm optimal zu nutzen, sollten folgende Grundsätze beachtet werden:

  • Vielseitige Perspektiven einbeziehen: Binden Sie Fachleute aus verschiedenen Bereichen ein, um eine ganzheitliche Analyse zu ermöglichen.
  • Konzentration auf die wichtigsten Faktoren: Fokussieren Sie sich auf die größten Einflussfaktoren, anstatt sich in zu vielen Details zu verlieren. Achten Sie darauf, nicht zu viele Ursachen für einen Zweig zu definieren. 
  • Visuelle Klarheit sicherstellen: Achten Sie darauf, dass die Beziehungen zwischen den Ursachen verständlich und übersichtlich dargestellt sind. Bedenken Sie, dass sich das Diagramm nicht für allzu komplexe Zusammenhänge und Wechselbeziehungen eignet. Es zeigt zwar Ursachen auf, bewertet aber nicht deren Wahrscheinlichkeit. 
  • Regelmäßige Aktualisierung: Betrachten Sie das Diagramm als dynamisches Werkzeug, das mit neuen Erkenntnissen angepasst werden sollte.
  • Präventive Anwendung: Setzen Sie das Diagramm nicht nur zur Problemlösung ein, sondern auch zur Identifikation möglicher Schwachstellen im Vorfeld.

FAQ | Ishikawa Diagramm

Das Ishikawa-Diagramm, auch als Ursache-Wirkungs-Diagramm oder Fischgräten-Diagramm bezeichnet, ist ein visuelles Werkzeug zur Analyse von Problemen und deren Ursachen. Es wurde von dem renommierten japanischen Qualitätsmanagement-Experten Kaoru Ishikawa entwickelt und dient der Identifikation und Strukturierung von Problemursachen, insbesondere in Qualitätsmanagement und Prozessoptimierung. 

Die Erstellung beginnt mit der Definition des Problems, das an der Spitze des Diagramms platziert wird. Danach werden die Haupteinflussfaktoren, die zum Problem führen könnten, als Hauptäste des Diagramms hinzugefügt. Diese werden häufig in Kategorien wie Mensch, Maschine, Material, Methode, Milieu und Messung unterteilt. Durch Brainstorming werden dann spezifische Ursachen für jede Kategorie ermittelt und als Nebenäste angefügt. Diese strukturierte Darstellung hilft dabei, die Beziehungen und Einflüsse der verschiedenen Ursachen klar zu erkennen.

Kaoru Ishikawa war ein Pionier im Bereich Qualitätsmanagement, der das gleichnamige Diagramm in den 1960er Jahren einführte. Sein Ziel war es, Unternehmen dabei zu unterstützen, die Ursachen von Qualitätsproblemen präzise zu analysieren, um gezielt Verbesserungen umzusetzen. Ishikawas Beitrag zur Qualitätssicherung hat vielen Unternehmen geholfen, ihre Prozesse zu optimieren und effektive Lösungen zu entwickeln.

Es wird in der „Plan“-Phase genutzt, um Ursachen eines Problems zu analysieren und gezielte Maßnahmen zu planen. Es ergänzt den systematischen Verbesserungsansatz ideal.

Das Fischgrät-Diagramm dient als Grundlage der FMEA, da es hilft, alle potenziellen Fehlerursachen zu visualisieren. Durch die systematische Zuordnung von Ursachen zu möglichen Fehlerarten lässt sich das Diagramm nahtlos mit Risikomanagement-Tools kombinieren.

Im Vergleich zu Tools wie dem Pareto-Diagramm oder der 5-Why-Methode bietet es eine detailliertere und strukturierte Darstellung von Ursachen. Es ermöglicht eine ganzheitliche Analyse, da es alle möglichen Einflussfaktoren visuell aufzeigt, was besonders bei der Analyse komplexer Fertigungsprobleme von Vorteil ist. Fehlerbaum-Analysen (Fault Tree Analysis, (FTA) oder Mindmaps sind weniger standardisiert und bieten nicht dieselbe Übersichtlichkeit.

Typische Fehler bei der Verwendung des Ishikawa-Diagramms sind unzureichende Definition des Problems, was dazu führen kann, dass die Ursachenanalyse nicht zielführend ist. Auch das Fehlen einer klaren Priorisierung der Ursachen, das Fehlen wichtiger Faktoren oder das Sammeln zu vieler Ursachen ohne klare Relevanz kann die Effektivität des Diagramms beeinträchtigen.

Image: Adobe Stock – Copyright: ©  Orapun – stock.adobe.com

Arne Reis

Gründer

Arne Reis, Founder of flowdit

Prozessoptimierer mit 25 Jahren Expertise, fokussiert auf operative Exzellenz in Qualität, Instandhaltung, EHS und Inbetriebnahme. Setzt auf innovative Lösungen und höchste Qualitätsstandards.

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