PFMEA (Process Failure Mode Effect Analysis): Bedeutung und Vorteile

Hände halten ein leuchtend orangefarbenes Schild mit dem fetten weißen Text "FMEA" und dem Untertitel "Failure Mode and Effects Analysis."

Zusammenfassung: Die Prozess-Fehler-Möglichkeits- und Einflussanalyse (PFMEA) ist ein bewährtes Verfahren zur Identifizierung und Bewertung potenzieller Fehler in Fertigungs- oder Geschäftsprozessen. In der Fertigungsindustrie dient die PFMEA dazu, potenzielle Fehlerquellen in Produktions- und Montageprozessen frühzeitig zu erkennen und proaktiv Maßnahmen zur Risikominderung zu ergreifen. Prozess-FMEA ist ein Instrument, um die Qualität und Zuverlässigkeit in der Fertigung zu verbessern. In diesem Artikel werden die Grundlagen der PFMEA erläutert – von ihrem Zweck und der Methodik bis hin zu ihrer praktischen Anwendung.

Was ist PFMEA (Process Failure Mode Effect Analysis)?

Die Prozess-FMEA (PFMEA) ist ein systematisches Verfahren zur Identifizierung und Analyse von potenziellen Fehlermodi in Herstellungsprozessen. Ziel der Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse ist es, Risiken frühzeitig zu erkennen und zu priorisieren, um ihnen entgegenzuwirken und so Prozesssicherheit und Produktqualität zu gewährleisten. PFMEA nutzt Methoden der Failure Modes and Effects Analysis (FMEA), um die Wahrscheinlichkeit des Auftretens und der Erkennung von Problemen zu minimieren. Durch die systematische Analyse von Risiken können Unternehmen langfristig Qualität und Effizienz in Produktion und Service sichern. Der PFMEA-Prozess ist iterativ und sollte regelmäßig aktualisiert werden, um kontinuierliche Verbesserungen zu ermöglichen und neue Risiken rechtzeitig zu identifizieren.

PFMEA-Praxisbeispiele

Tabelle mit PFMEA-Praxis-Beispielen, process failure mode and effect analysis

PFMEA vs FMEA

Der Hauptunterschied zwischen PFMEA und FMEA liegt im Anwendungsbereich. Während eine Design-FMEA (DFMEA) potenzielle Fehler im Produktdesign analysiert, konzentriert sich die Prozess-FMEA (PFMEA) auf den Herstellungsprozess. PFMEA erzielt, Risiken im Produktionsprozess zu identifizieren und zu minimieren. Die DFMEA wird in der Entwicklungsphase eingesetzt, die PFMEA hingegen in der Fertigung. Beide Methoden helfen, die Risikoprioritätszahl (RPN) zu bestimmen und Maßnahmen zur Qualitätssicherung zu ergreifen.

Vorteile von PFMEA

Die Prozess-Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse bietet zahlreiche Vorteile:

1. Prozesszuverlässigkeit

Durch eine Prozess-FMEA können potenzielle Prozessfehler frühzeitig erkannt und behoben werden. Dies reduziert das Risiko unerwarteter Ausfälle und Unterbrechungen und sorgt für einen reibungslosen Produktionsablauf, wodurch Ausfallzeiten und Verzögerungen erheblich minimiert werden.

2. Höhere Produktqualität

Prozess-FMEA ermöglicht die frühzeitige Identifizierung von Schwachstellen, die sich negativ auf die Produktqualität auswirken könnten. Dies unterstützt die Umsetzung von Maßnahmen zur Fehlervermeidung und führt letztlich zu hochwertigen Produkten, die den Anforderungen der Kunden und den geltenden Normen entsprechen.

3. Kosteneinsparungen

Durch proaktive Fehlervermeidung können kostspielige Nacharbeiten, Ausschuss und Gewährleistungsansprüche vermieden werden. Dies senkt Produktionskosten und steigert die Rentabilität des Unternehmens.

4. Risikominderung

PFMEA hilft dabei, Risiken systematisch zu identifizieren und zu priorisieren, sodass Unternehmen effektive Kontrollmechanismen und Strategien zur Risikominderung implementieren können. Dies minimiert die Auswirkungen von Prozessfehlern auf den Betrieb und die Produktqualität.

5. Normenkonformität 

Durch PFMEA wird die Einhaltung von Industriestandards und gesetzlichen Vorschriften erleichtert, da potenzielle Prozessrisiken identifiziert und adressiert werden. Dies verhindert finanzielle Strafen, rechtliche Probleme und Reputationsschäden, die durch Nichteinhaltung von Standards entstehen könnten.

6. Kollaboration

An der PFMEA sind funktionsübergreifende Teams beteiligt, die verschiedene Perspektiven einbringen, um potenzielle Risiken zu identifizieren. Diese Zusammenarbeit stellt sicher, dass alle möglichen Fehlerarten berücksichtigt werden.

7. Kontinuierliche Verbesserung

PFMEA fördert eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung, indem regelmäßige Überprüfungen und Aktualisierungen basierend auf Prozessänderungen und neuen Informationen vorgenommen werden. Dies trägt zur Prozessoptimierung bei und ermöglicht die Anpassung an sich wandelnde Geschäftsanforderungen.

8. Erhöhte Kundenzufriedenheit

PFMEA trägt durch die Sicherstellung hochwertiger Produkte und verlässlicher Prozesse zu höherer Kundenzufriedenheit und -treue bei. 

PFMEA: Wann der Einsatz in Unternehmen sinnvoll ist

PFMEA ist ein fortlaufender Prozess zur Risikominderung und Sicherstellung eines reibungslosen Betriebsablaufs. Die Durchführung einer Process Failure Mode Effect Analysis ist zeit- und ressourcenintensiv; ihr Einsatz jedoch nicht immer regelmäßig erforderlich. Eine PFMEA ermöglicht eine proaktive Risikosteuerung, verbessert die Prozesssicherheit und trägt zur Aufrechterhaltung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei.

1. Auftreten eines Fehlers

Eine PFMEA sollte durchgeführt werden, wenn ein Fehler auftritt, insbesondere wenn dieser schwerwiegend ist und das Unternehmen ähnliche Fehler in Zukunft vermeiden möchte.

2. Änderungen von Anlagen und Maschinen

Eine PFMEA ist notwendig, wenn in einer Produktionslinie mehrere Anlagen oder Maschinen durch neuere Modelle ersetzt werden. In diesem Fall muss das Team möglicherweise Wartungspläne, Ersatzteilbestände und Produktionszeiten anpassen, um den Betrieb mit den neuen Anlagen reibungslos wieder aufzunehmen.

3. Prozessänderungen

Eine PFMEA sollte durchgeführt werden, wenn neue Prozesse eingeführt oder bestehende Prozesse signifikant geändert werden.

4. Qualitätsrisikobewertungen

Treten Qualitätsprobleme in einem Prozess auf, kann PFMEA angewandt werden, um Ursachen zu analysieren und Maßnahmen einzuleiten, um ein erneutes Auftreten zu verhindern.

5. Compliance-Anforderungen

In Branchen mit strengen gesetzlichen Vorschriften stellt PFMEA sicher, dass Prozesse erforderlichen Sicherheits- und Qualitätsstandards entsprechen.

7 Schritte der PFMEA

Die Durchführung einer PFMEA erfolgt in einer strukturierten Abfolge von Schritten:

1. Beschreibung des Prozesses

Die Eingrenzung und Dokumentation des Prozesses bildet die Grundlage für die spätere Analyse. Relevante Prozesse und Teilprozesse werden dokumentiert.

2. Fehleranalyse

Identifikation möglicher Fehler, Fehlerarten und Erkennen von Fehlerketten, Fehlerursachen und -folgen im Produkt oder Prozess.

3. Bewertung von Auswirkungen

Die Folgen von Fehlern werden bewertet. Es wird eine Ermittlung von Auftrittswahrscheinlichkeit (A), Bedeutung (B) und Entdeckungswahrscheinlichkeit (E) für jeden Fehler bzw. Risiken durchgeführt, um die Risikoprioritätszahl (RPZ) zu bestimmen.

4. Priorisierung der Risiken

Basierend auf der RPZ werden die Risiken priorisiert, um die kritischsten Fehlerarten gezielt anzugehen.

5. Durchführungsmaßnahmen 

Entwicklung und Umsetzung präventiver Maßnahmen zur Fehlervermeidung und zur kontinuierlichen Prozessverbesserung.

6.  Wirksamkeitsprüfung 

Überprüfung der Wirksamkeit implementierter Maßnahmen und ggf. Anpassung der Strategien.

7. Überprüfung

Regelmäßige Aktualisierung der PFMEA, um kontinuierliche Verbesserungen zu fördern und neue Risiken rechtzeitig zu erkennen.

Typische Fallstricke bei der Durchführung einer PFMEA

Häufige Fehler bei der Durchführung einer PFMEA sind die unzureichende Einbindung von Experten, was zu unvollständigen Analysen führen kann. Daneben können durch die Vernachlässigung von Aktualisierungen bei Prozessänderungen Risiken übersehen werden. Weiter können eine ungenaue Dokumentation und zu optimistische Risikobewertung die Wirksamkeit der PFMEA beeinträchtigen. Auch versäumte Überprüfungen der implementierten Maßnahmen und unzureichende Schulungen der Mitarbeiter können zu Fehlinterpretationen führen.

Branchen, die häufig PFMEA verwenden

PFMEA ist wichtig in Branchen, in denen Prozesssicherheit und Produktqualität entscheidend sind. Trotz branchenspezifischer Unterschiede verfolgen alle Industrien ein gemeinsames Ziel: Kontinuierliche Verbesserung der Produktqualität und Reduzierung von Risiken.

Automobilindustrie

PFMEA hilft Autoherstellern, riskante Ausfälle zu vermeiden, die zu großflächigen Rückrufen führen könnten, und erhöht die Sicherheit und Qualität von Fahrzeugen. 

Luftfahrt

In der Luftfahrt dient PFMEA der Identifizierung und Vermeidung kritischer Ausfallrisiken, um die höchste Sicherheit zu gewährleisten.

Fertigungsindustrie

Die Fertigungsindustrie setzt PFMEA ein, um mögliche Prozessfehler frühzeitig zu identifizieren und teure Reparaturen zu vermeiden. PFMEA trägt zudem zum Schutz der Qualitätsprüfungen bei und sichert die termingerechte Auslieferung.

Medizintechnik

In der Medizintechnik liegt der Fokus auf der Sicherheit und Wirksamkeit von Produkten, um Risiken wie Stromausfälle und Gerätestörungen (z.B. bei MRTs) zu minimieren.

Softwareentwicklung

Erkennung technischer Defekte, die fehlerhafte Anwendungen verursachen könnten, und Vermeidung von Hardwareproblemen.

Transport und Logistik

Identifizierung von Engpässen und Optimierung der Transportwege zur Verbesserung des Kundenservices.

Agrarwirtschaft

Analyse von Umwelt-, Maschinen- und Fertigungsrisiken, welche die Produktqualiät negativ beeinflussen könnten. Sicherstellung von Effizienz und Schutz vor ethischen, rechtlichen und ökologischen Konsequenzen.

FAQ | PFMEA (Process Failure Mode Effect Analysis)

Eine System-FMEA (Failure Modes and Effects Analysis) ist eine präventive Methode zur Risikoanalyse in der Produktentwicklung. Sie identifiziert potenzielle Fehler im Gesamtsystem, bewertet deren Auswirkungen und Ursachen, und leitet Maßnahmen zur Fehlervermeidung ein. Ziel ist es, die Zuverlässigkeit und Sicherheit zu erhöhen. Die allgemeine FMEA analysiert einzelne Komponenten, Baugruppen oder Prozesse;  eine S-FMEA betrachtet das Gesamtsystem und dessen Interaktionen. 

Für eine effektive PFMEA sind historische Prozess- und Qualitätsdaten sowie Produktions- und Testdaten erforderlich, um Fehlerquellen und potenzielle Risiken zu bewerten. Mitarbeiterfeedback und Informationen über gesetzliche Anforderungen und Kundenanforderungen sind entscheidend, um relevante Risiken zu berücksichtigen. Externe Quellen wie Lieferanteninformationen und Marktanalysen liefern zusätzliche wichtige Daten.

Um PFMEA erfolgreich in das Qualitätsmanagementsystem (QMS) zu integrieren, sollte der Ansatz als fester Bestandteil des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses etabliert werden, wobei alle relevanten Abteilungen einbezogen werden. PFMEA-Ergebnisse müssen regelmäßig aktualisiert und in das QMS-Dokumentationssystem aufgenommen werden, mit klar definierten Verantwortlichkeiten und Maßnahmen. Schulungen sollten sicherstellen, dass alle Mitarbeiter mit PFMEA-Prozessen vertraut sind, während die Wirksamkeit der Maßnahmen kontinuierlich überwacht wird, um ein QMS fortwährend zu verbessern.

Prozess-FMEA senkt Kosten, indem die Methode frühzeitig Fehler identifiziert, Nacharbeiten minimiert und Prozesse effizienter gestaltet. Dies führt zu einer Reduzierung von Ausschuss und optimierter Ressourcennutzung. Durch  verbesserte Prozessqualität werden Garantie- und Servicekosten gesenkt, da weniger Fehler an den Kunden gelangen. Zudem werden ineffiziente Abläufe aufgedeckt und beseitigt, was  Produktionszeiten verkürzt und langfristig die Gesamtkosten deutlich reduziert.

RPN ist ein standardisiertes Maß, das in der PFMEA genutzt wird, um Risiken zu bewerten und zu priorisieren. Es wird berechnet, indem man die Werte für Schwere (Severity), Auftretenswahrscheinlichkeit (Occurrence) und Entdeckungswahrscheinlichkeit (Detection) von Risiken multipliziert. 

Die Ergebnisse einer PFMEA dokumentiert man, indem man alle identifizierten Risiken, ihre Ursachen, Auswirkungen und Bewertungen erfasst und in einem Bericht zusammenfasst. Zudem werden geplante und umgesetzte Maßnahmen zur Risikominderung festgehalten. Die Dokumentation sollte regelmäßig aktualisiert und für relevante Stakeholder zugänglich gemacht werden, um Compliance und Qualität sicherzustellen.

Gesetzliche Vorschriften und regulatorische Anforderungen legen Standards und Normen fest, die bei einer PFMEA einzuhalten sind. Sie fordern ein strukturiertes Risikomanagement und eine umfassende, prüfbare Dokumentation der Ergebnisse. Branchenspezifische Vorgaben definieren, welche Risikofaktoren besonders berücksichtigt werden müssen. Es wird häufig eine regelmäßige Auditierung des PFMEA-Prozesses vorgeschrieben, um die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zu gewährleisten. 

Software wie APIS IQ-RM, PTC Windchill und Siemens PLM unterstützt den PFMEA-Prozess durch detaillierte Risikobewertung, Maßnahmenmanagement und Integration in andere Qualitätsmanagementsysteme (QMS). Sie erleichtert die Zusammenarbeit im Team und trägt durch automatische Berichte und Diagramme zur Effizienzsteigerung sowie zur Fehlerreduktion bei.

Image: Adobe Stock – Copyright: © dizain – stock.adobe.com

Arne Reis

Gründer

Arne Reis, Founder of flowdit

Prozessoptimierer mit 25 Jahren Expertise, fokussiert auf operative Exzellenz in Qualität, Instandhaltung, EHS und Inbetriebnahme. Setzt auf innovative Lösungen und höchste Qualitätsstandards.

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