APQP-Prozess: Die 5 Phasen der Qualitätsplanung im Detail

Graue vertikale Banner mit weißen Buchstaben "APQP", die für "Advanced Product Quality Planning" bzw. den APQP Prozess stehen.

Zusammenfassung: Komplexe Produkte und Lieferketten sind besonders anfällig für Fehler, insbesondere bei der Einführung neuer Produkte. Dies erfordert eine strukturierte Herangehensweise, um sicherzustellen, dass die Produkt- und Prozessqualität den höchsten Standards entspricht. Advanced Product Quality Planning (APQP) bietet eine umfassende Lösung. Ein entscheidender Faktor ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Design, Produktion, Qualitätssicherung und Lieferantenmanagement. Dies ermöglicht eine proaktive Risikoanalyse, um potenzielle Fehlerquellen frühzeitig zu identifizieren und adressieren. Kontinuierliche Verbesserung ist ein weiteres zentrales Element des APQP-Prozess. Produktqualitätspläne (Kontrollpläne) steuern den gesamten Entwicklungsprozess, definieren klare Ziele, Anforderungen und kritische Meilensteine. So wird sichergestellt, dass Qualitätsziele erreicht werden.

Definition APQP

APQP (Advanced Product Quality Planning) ist ein strukturiertes Verfahren zur Qualitätsvorausplanung. Vor Produktionsbeginn werden relevante Maßnahmen festlegt, um hohe Produktqualität sicherzustellen. APQP basiert auf IATF 16949, der Qualitätsmanagement-Norm für die Automobilindustrie, und gewährleistet, dass Produkte und Dienstleistungen den Kundenanforderungen entsprechen. Neben den fünf Phasen des APQP-Prozess steht der kontinuierliche Verbesserungsprozess im Vordergrund.

Merkmale der Qualitätsvorausplanung

Der Fokus von APQP liegt darauf, die Produktqualität bereits in der Planungs- und Entwicklungsphase zu gewährleisten, um Qualitätsprobleme in der Serienproduktion zu vermeiden. Hierbei werden standardisierte Methoden wie FMEA (Fehler-Möglichkeits- und Einfluss-Analyse), QFD (Quality Function Deployment) und QM-Planung angewandt. Ein zentrales Ergebnis von APQP ist der Produktionslenkungsplan (Control Plan), der als Grundlage für die Serienfertigung dient.

Hintergrund von APQP

In den 1980er Jahren führte die Ford Motor Company APQP ein, um die Qualitätsplanung bei Zulieferern zu verbessern. Ursprünglich als Advanced Quality Planning (AQP) bezeichnet, half der APQP-Prozess bei der Entwicklung von Präventions- und Erkennungskontrollen für neue Produkte. Nordamerikanische Automobilhersteller standardisierten den APQP-Prozess in den 1990er Jahren gemeinsam und führten ihn 1994 offiziell ein, gefolgt von einer weiteren Aktualisierung im Jahr 2008. Der standardisierte Prozess fasst die Planungsaktivitäten von Automobilherstellern zusammen, und unterstützt Zulieferer bei der erfolgreichen Validierung neuer Produkte und Prozesse. Gleichzeitig fördert er kontinuierliche Verbesserungen und stellt so sicher, dass die hohen Qualitätsanforderungen der Branche erfüllt werden.

Hautptziele von APQP

Ziel von APQP ist es, die Qualität von Produkten und Dienstleistungen zu verbessern, um Kundenanforderungen gerecht zu werden. 

1. Frühzeitige Fehlervermeidung

Die Identifizierung potenzieller Probleme und Risiken in frühen Phasen der Produktentwicklung wird durch APQP gefördert. Durch eine umfassende Analyse können mögliche Fehlerquellen erkannt und behoben werden, bevor diese kostspielige Auswirkungen haben.

2. Klare Planung und Organisation

Ein klarer Planungs- und Organisationsprozess wird durch APQP festgelegt. Dies umfasst die Festlegung von Meilensteinen, die Zuweisung von Verantwortlichkeiten und die Erstellung von Prozessabläufen, um sicherzustellen, dass Qualitätsstandards eingehalten werden.

3. Kontinuierliche Verbesserung

Der APQP-Prozess fördert die kontinuierliche Verbesserung der Produktqualität. Durch regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen können Unternehmen ihre Prozesse optimieren und die Qualität ihrer Produkte steigern.

4. Kundenanforderungen erfüllen

Die Sicherstellung, dass hergestellte Produkte den Anforderungen und Erwartungen der Kunden entsprechen, wird durch APQP unterstützt. Dies ist besonders wichtig in Branchen wie der Automobilindustrie, in denen strenge Qualitätsstandards gelten.

Die Bedeutung von FMEA im APQP-Prozess

Die Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) ist im APQP-Prozess ein zentrales Werkzeug zur Identifizierung und Bewertung potenzieller Fehler im Produktdesign oder Produktionsprozess. Sie ermöglicht, Risiken frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen zur Fehlervermeidung zu ergreifen, was die Produktqualität verbessert und Nacharbeiten vermeidet. FMEA erhöht die Zuverlässigkeit und Sicherheit von Produkten. In der Automobilindustrie und anderen Qualitätsbranchen ist FMEA ein unverzichtbarer Bestandteil der Qualitätsplanung.

Die Rolle von Qualitätsregelkarten im APQP-Prozess

Qualitätsregelkarten sind ein zentrales Werkzeug im APQP-Prozess, das eine präzise Überwachung und Kontrolle der Produktionsprozesse ermöglicht, indem es Schwankungen in der Produktqualität frühzeitig aufzeigt und potenzielle Abweichungen von den Standards schnell identifiziert, sodass sofortige Korrekturmaßnahmen ergriffen werden können. Sie tragen entscheidend zur Stabilität und Konsistenz der Produktion bei, verbessern die Produktqualität kontinuierlich und minimieren Nacharbeiten sowie Ausschuss, wodurch die hohen Qualitätsanforderungen über den gesamten Produktionszyklus hinweg eingehalten werden.

Das APQP 5 Phasen-Modell

Der Prozess von APQP umfasst fünf verschiedene Phasen, die spezifische Aspekte der Produktentwicklung abdecken:

Phase 1: Planung

Projektbedingungen und -ziele werden festgelegt, während Kundenanforderungen präzise dokumentiert werden. Der APQP-Prozess gewährleistet, dass Kundenanforderungen systematisch erfasst,  analysiert und in den Produktentwicklungsprozess integriert werden.  Anforderungen werden in klar definierte Spezifikationen übersetzt, die als Grundlage für das Produktdesign und den Produktionsprozess dienen. Typische Ergebnisse sind Lastenhefte, Zuverlässigkeits- und Qualitätsziele. 

Phase 2: Produktdesign – und Entwicklung

Das Produktdesign wird auf Basis der Kundenanforderungen entwickelt. Dazu gehört die Planung der Fertigungs- und Montageprozesse sowie das Erstellen von Design-FMEAs und Prototypen. Teams arbeiten funktionsübergreifend zusammen, um sicherzustellen, dass Produktdesigns den Kundenerwartungen und regulatorischen Standards entsprechen. Ziel ist es, ein serientaugliches und funktionales Design zu entwickeln.

Phase 3: Prozessentwicklung

Diese Phase umfasst die Entwicklung effizienter Produktionssysteme. Dazu werden Prozessflussdiagramme erstellt und Prozess-FMEAs durchgeführt, um potenzielle Risiken zu erkennen und zu minimieren. Ziel ist es, einen effizienten Herstellungsprozess einzuführen, der kontinuierlich qualitativ hochwertige Produkte liefert. Materialien, Anlagen und Maschinen werden dabei sorgfältig ausgewählt und validiert.

Phase 4: Produkt- und Prozessvalidierung

Der Herstellungsprozess wird validiert, um sicherzustellen, dass produzierte Produkte den Kundenanforderungen entsprechen. Dies beinhaltet Probeläufe, Messsystemanalysen (MSA) und Bemusterungen gemäß PPAP (Production Part Approval Process). Ziel ist es, durch verschiedene Tests wie Leistungstests und statistische Prozesskontrolle (SPC) sicherzustellen, dass der Produktionsprozess stabil und zuverlässig ist.

Phase 5: Feedback und Korrektur

Die letzte Phase von APQP ist die Produkteinführung, Sammlung von Kundenfeedback und Implementierung von Korrekturmaßnahmen. Feedback hilft, Verbesserungsbereiche zu identifizieren und die Produktqualität langfristig zu sichern. Ziel ist es, die Kundenzufriedenheit fortwährend zu steigern und Produktionsabweichungen zu minimieren.

Vorteile von APQP

Die Implementierung von APQP bietet Unternehmen zahlreiche Vorteile. Einige der wichtigsten Vorteile:

1. Qualitätskontrolle

Durch APQP wird Qualität von Anfang an in Produkt und Prozess integriert. Mängel werden mit frühzeitiger Identifizierung und Behebung potenzieller Probleme behoben, Nacharbeiten reduziert und die Gesamtqualität verbessert.

2. Kollaboration

Die funktionsübergreifende Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den an der Produktentwicklung beteiligten Teams wird durch APQP gefördert, was ein besseres Verständnis von Kundenanforderungen und effiziente Problemlösungen ermöglicht.

3. Risikominderung

Techniken der Risikobewertung wie FMEA werden durch APQP genutzt, um potenzielle Risiken frühzeitig zu identifizieren und zu mindern. Dies trägt dazu bei, kostspielige Fehler zu vermeiden, die Sicherheit zu verbessern und die Einhaltung von Vorschriften (Compliance) sicherzustellen.

4. Verschlankter Entwicklungsprozess

APQP bietet einen strukturierten Rahmen, der den Produktentwicklungsprozess effizienter gestaltet, die Markteinführungszeit verkürzt und das Projektmanagement optimiert.

5. Kundenzufriedenheit

Durch APQP können Unternehmen Kundenerwartungen besser verstehen und erfüllen. Frühzeitige Einbindung von Kunden ermöglicht es, Produkte auf spezifische Bedürfnisse zuzuschneiden, was zu höherer Kundenzufriedenheit und -treue führt.

Nachteile von APQP

Es gibt Vorteile wie kontinuierliche Produktverbesserung und Fehlervermeidung, die APQP bietet, aber auch einige Nachteile. Der hohe Aufwand für die fünf Phasen und  Schwierigkeiten, alle Kontrollpläne frühzeitig zu erstellen, können Probleme in der Serienproduktion verursachen. Begrenzte Rückmeldungen von Kunden und Lieferanten sowie komplexe Umsetzungsschritte können zu Verzögerungen und zusätzlichen Kosten führen.

Ausblick

Der APQP-Prozess ist eine Denkweise, die jeden Aspekt der Produktentwicklung betrifft. Im Kern verkörpert APQP die Philosophie des proaktiven Qualitätsmanagements mit einer frühzeitigen Erkennung und Vermeidung von Fehlern statt Maßnahmen nach der Produktion. Der ganzheitliche Ansatz fördert eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung und treibt Unternehmen zur Exzellenz in Qualität und Kundenzufriedenheit.

FAQ | APQP

Der APQP-Prozess stellt die Produktqualität bereits in der Planungsphase sicher, indem er potenzielle Risiken frühzeitig identifiziert und minimiert. Durch systematische Planung und standardisierte Verfahren werden Fehler reduziert, was Kosten senkt und die Kundenzufriedenheit steigert. Der APQP-Prozess verbessert die Zusammenarbeit zwischen Abteilungen, um alle Aspekte des Produkts zu berücksichtigen. So wird sichergestellt, dass Produkte termingerecht, im Budgetrahmen und in der gewünschten Qualität geliefert werden.

Der APQP-Prozess senkt Produktionskosten, indem er Fehlerquellen frühzeitig identifiziert und beseitigt, was teure Nacharbeiten und Stillstände vermeidet. Durch effiziente Ressourcennutzung und optimierten Materialverbrauch wird die Produktqualität verbessert, wodurch Ausschussraten und Garantieansprüche sinken. Zudem fördert die enge Zusammenarbeit der Abteilungen eine bessere Koordination und minimiert Missverständnisse und Verzögerungen. Insgesamt ermöglicht APQP eine kosteneffiziente und qualitativ hochwertige Produktion.

APQP, speziell für die Automobilindustrie entwickelt, fokussiert sich auf die Qualität in der Produktentwicklung, während ISO 9001 branchenübergreifend für Unternehmen jeder Art geeignet ist und das gesamte Qualitätsmanagement sowie die Kundenorientierung optimiert. Beide Normen verfolgen einen prozessorientierten Ansatz: APQP für die Produktentwicklung und ISO 9001 für das gesamte Qualitätsmanagementsystem (QMS). Ein wesentlicher Unterschied ist, dass APQP keine Zertifizierung erfordert, während ISO 9001 eine Zertifizierung durch eine akkreditierte Stelle voraussetzt.

APQP ist ein umfassender Planungsprozess, der die Qualität eines Produkts während der gesamten Entwicklung sicherstellt. PPAP hingegen ist ein spezifischer Nachweisprozess, der zeigt, dass die Produktion den Kundenanforderungen entspricht. APQP umfasst mehrere Phasen von der Planung bis zur Produktion, während PPAP hauptsächlich die abschließende Validierung eines Produktionsprozesses darstellt. APQP begleitet den gesamten Produktentwicklungszyklus, während PPAP die Freigabe des finalen Produktionsprozesses sicherstellt. Beide Prozesse arbeiten zusammen, um die Produktqualität zu gewährleisten.

Eine umfassende und präzise Dokumentation im APQP-Prozess ist entscheidend als Nachweis der ordnungsgemäßen Durchführung aller Prozessphasen und zur Einhaltung der Qualitätsstandards. Sie unterstützt Ingenieure bei der Verfolgung des Fortschritts, der Problemerkennung und der Teamkommunikation. Zudem ist sie wichtig für Audits und Zertifizierungen und dient als Referenz für zukünftige Projekte.

Image: Adobe Stock – Copyright: © dizain – stock.adobe.com

Arne Reis

Gründer

Arne Reis, Founder of flowdit

Prozessoptimierer mit 25 Jahren Expertise, fokussiert auf operative Exzellenz in Qualität, Instandhaltung, EHS und Inbetriebnahme. Setzt auf innovative Lösungen und höchste Qualitätsstandards.

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