Zusammenfassung: Fertigungsprozesse erzeugen heute mehr Daten als je zuvor. Sensoren überwachen Maschinen rund um die Uhr, Kameras erfassen kleinste Details und Systeme dokumentieren jeden Schritt in Echtzeit. Die Komplexität liegt nicht in der Erhebung, sondern in der praktischen Anwendung der Daten. An diesem Punkt setzen Machine Learning und Deep Learning an. Beide Technologien übersetzen rohe Datenbestände in Handlungsempfehlungen, unterstützen bei der Fehlerpräventionund ermöglichen Automatisierung auf einem völlig neuen Niveau. Dieser Praxischeck zeigt, wie sie funktionieren, worin sie sich unterscheiden und wie sie sich in der Produktion ergänzen.
Proof of Concept oder Großprojekt – wie gelingt der Einstieg?
In der Realität beginnt der Einsatz von Machine Learning und Deep Learning selten mit einem umfassenden Rollout. Die meisten Unternehmen starten mit eng abgegrenzten Pilotprojekten, oft an einer einzelnen Maschine oder Produktionslinie. Ziel ist es, erste Erfahrungen zu sammeln und messbare Ergebnisse zu erzielen, bevor die Technologie in größerem Umfang skaliert wird. Typische Einstiegsfelder sind Zustandsüberwachung, optische Qualitätsprüfungen oder Energieoptimierung, da sich dort vergleichsweise schnell ein Return on Investment nachweisen lässt.
Typische Probleme in Pilotprojekten
Schon in dieser frühen Phase treten jedoch wiederkehrende Herausforderungen auf. Unterschiedliche Maschinengenerationen liefern Daten in variabler Qualität, Schnittstellen sind oft nicht standardisiert und nicht jedes Werk verfügt über ausreichend beschriftete Datenbestände für das Training komplexer Modelle. Hinzu kommt die Fachkräftefrage: Während Data Scientists in der Zentrale Modelle entwickeln, fehlt es am Shopfloor häufig an Know-how, um Ergebnisse korrekt zu interpretieren. Besonders Deep-Learning-Modelle gelten dabei als schwer nachvollziehbar – eine Black Box, die Skepsis im Produktionsumfeld weckt.
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Warum lohnt sich ein Praxischeck?
Statt sich von technischen Möglichkeiten blenden zu lassen, prüfen Unternehmen, welche Anwendungsfälle unter realen Bedingungen tragfähig sind und wo sich der Aufwand tatsächlich lohnt. Dabei zeigt sich: Nicht jedes Problem braucht Deep Learning, nicht jede Anlage ist sofort KI-fähig. Erst durch eine nüchterne Bewertung im Kontext der vorhandenen Infrastruktur, der Datenlage und der Produktionsziele wird klar, ob ein Projekt langfristig Mehrwert bringt. So wird aus Theorie ein belastbarer Fahrplan für den produktiven Einsatz von KI in der Produktion.
Machine Learning in der Fertigung – von Daten zu Entscheidungen
An Produktionslinien fallen ununterbrochen Sensordaten an: Temperatur, Druck, Vibration, Energieverbrauch. Für den Menschen ist es kaum möglich, in dieser Flut rechtzeitig Muster zu erkennen. Machine Learning setzt genau dort an.
Die Modelle filtern Zusammenhänge heraus, die unsichtbar bleiben würden, und liefern Prognosen, bevor Probleme entstehen. So lassen sich Bauteile austauschen, bevor diese ausfallen, oder Prozessparameter dynamisch anpassen, sobald sich Abweichungen abzeichnen. Der besondere Vorteil: Machine-Learning-Verfahren benötigen im Vergleich zu komplexeren Ansätzen relativ wenige Daten, liefern schnell erste Ergebnisse und sind leichter nachzuvollziehen.
Die Herausforderung liegt weniger in der Modellwahl als in der Qualität der Datenbasis. Nur wenn erfasste Werte zuverlässig und konsistent sind, können Modelle entstehen, die tatsächlich im Alltag tragen.
Deep Learning in der Fertigung – wenn die Realität zu komplex wird
Manche Szenarien in der Produktion sind für klassische Methoden zu komplex. Ein Beispiel: Hochauflösende Kameras prüfen jedes Bauteil auf Kratzer oder feinste Risse. Für einfache Algorithmen sind diese Unterschiede schwer zu greifen. Deep Learning erkennt hier Abweichungen mit beeindruckender Präzision.
Die Technologie eignet sich überall dort, wo unstrukturierte Daten anfallen. In der visuellen Qualitätskontrolle identifiziert sie Fehler, die selbst geschulte Fachkräfte übersehen würden. In der Robotik ermöglicht sie Greifarmen, Objekte mit unterschiedlichen Formen oder Oberflächen sicher zu handhaben. Und selbst akustische Muster; etwa ungewöhnliche Geräusche einer Maschine, lassen sich durch Deep Learning zuverlässig analysieren.
Die Kehrseite: Deep Learning benötigt große Datenmengen, enorme Rechenleistung und spezielles Know-how. Der Aufwand ist höher, doch der Gewinn liegt in einer Qualität und Genauigkeit, die herkömmliche Ansätze übertrifft. Besonders in sicherheitskritischen Bereichen oder bei sehr hohen Qualitätsansprüchen zeigt sich der Mehrwert deutlich.
Vergleich Machine Learning vs. Deep Learning
| Kriterium | Machine Learning (ML) | Deep Learning (DL) |
|---|---|---|
| Algorithmus | Nutzt verschiedene Algorithmen, um aus Daten zu lernen. | Nutzt künstliche neuronale Netze (ANNs) mit mehreren Schichten. |
| Datenstruktur | Funktioniert meist mit strukturierten Daten | Kann sowohl strukturierte als auch unstrukturierte Daten verarbeiten |
| Datensatzgröße | Kommt mit kleineren bis mittleren Datensätzen aus | Benötigt große Datenmengen für zuverlässige Ergebnisse |
| Menschliche Intervention | Merkmale müssen manuell ausgewählt und modelliert werden. | Lernt Merkmale und Muster automatisch. |
| Interpretierbarkeit | Modelle sind oft leichter nachvollziehbar und transparenter | Modelle schwer zu interpretieren, eher „Blackbox“ |
| Hardware-Anforderungen | Läuft meist auf herkömmlichen CPUs | Benötigt leistungsfähige Hardware, oft GPUs oder spezialisierte Chips |
| Datentypen | Eignet sich gut für tabellarische und numerische Daten | Starke Performance bei unstrukturierten Daten wie Bildern, Audio, Text |
| Trainingszeit | I.d.R. kürzere Trainingszeiten. | Längere Trainingszeiten |
Machine Learning und Deep Learning im industriellen Alltag
Immer mehr Werke zeigen: Machine Learning und Deep Learning sind keine Experimente mehr, sondern Teil operativer Exzellenz.
Beispiel 1: Predictive Maintenance mit Machine Learning
In einem Werk für Pumpen und Kompressoren werden Schwingungen und Temperaturen kontinuierlich erfasst. Machine Learning Modelle analysieren diese Daten und erkennen frühzeitig, wenn sich ein Ausfall abzeichnet. Das spart ungeplante Stillstände, und reduziert die Kosten für Notfallreparaturen.
Beispiel 2: Qualitätskontrolle mit Deep Learning
Bei der Produktion von Präzisionsbauteilen übernehmen Kameras die finale Prüfung. Ein Deep-Learning-Modell erkennt selbst minimale Haarrisse oder Oberflächenfehler, die für das menschliche Auge unsichtbar sind. So wird Ausschuss zuverlässig verhindert.
Beispiel 3: Supply Chain Audit mit KI
In komplexen Lieferstrukturen werden Lieferketten-Audits mit KI genutzt, Dabei kommt vor allem Machine Learning zum Einsatz, das fortlaufend Daten aus Beschaffung, Transport und Qualitätsprüfung analysiert und Alarm schlägt, wenn sich Muster verändern. So entstehen Audits in Echtzeit statt in Abständen, und Entscheidungen basieren auf Fakten, nicht Vermutungen.
Beispiel 4: Hybridansatz für maximale Effizienz
Einige Werke kombinieren beide Ansätze. Machine Learning liefert Prognosen für Wartungszyklen, während Deep Learning parallel die Qualität visuell überwacht. Diese Kombination sorgt für stabile Prozesse und gleichbleibend hohe Produktqualität.
Wann Machine Learning, wann Deep Learning?
Die Entscheidung hängt von den Zielen und den vorhandenen Daten ab.
Machine Learning ist sinnvoll, wenn vorhandene Daten genutzt werden sollen, die überschaubar sind, und schnelle, kosteneffiziente Ergebnisse gefragt sind.
Deep Learning lohnt sich, wenn es um hochkomplexe Probleme, Bild- oder Sprachdaten geht und die nötige Infrastruktur vorhanden ist.
Pilotprojekte helfen, die passende Technologie mit überschaubarem Risiko auszuwählen. In vielen Fällen ergibt die Kombination beider Ansätze den größten Nutzen.
Ausblick
Mit der steigenden Verfügbarkeit von Daten und leistungsfähiger Hardware werden Machine Learning und Deep Learning noch enger mit der Produktion verflochten. Edge Computing ermöglicht bereits heute Analysen direkt an der Maschine, ohne Umwege über zentrale Server. Gleichzeitig liefert Cloud Computing die Skalierbarkeit, um große Datenmengen zentral zu verarbeiten, Modelle kontinuierlich zu trainieren und standortübergreifend verfügbar zu machen. Im Zusammenspiel entstehen Systeme, die Prozesse stabilisieren Entscheidungen direkt am Einsatzort möglich machen. KI in SaaS ermöglicht dabei die effiziente Nutzung dieser Technologien.
Zukunftsfähige Prozesse durch flowdit
Machine Learning und Deep Learning sind in der Fertigung kein theoretisches Zukunftsthema, sondern längst gelebte Praxis. Während Machine Learning schnelle und nachvollziehbare Ergebnisse liefert, erweitert Deep Learning die Möglichkeiten dort, wo Muster komplex sind und klassische Methoden versagen. Erfolgreich ist, wer beide Technologien klug kombiniert und Schritt für Schritt in den Alltag integriert.
Mit digitalen Plattformen wie flowdit lassen sich diese Ansätze nahtlos in Inspektionen, Audits und Qualitätsprozesse einbinden. So wird aus Daten echte Entscheidungsgrundlage – und die Produktion gewinnt an Effizienz, Sicherheit und Zukunftsfähigkeit.
FAQ | Machine Learning und Deep Learning
Warum heißt es Deep Learning?
Neuronale Netze bestehen aus Schichten, die Informationen Schritt für Schritt verarbeiten. Hat ein Netz nur wenige Schichten, gilt es als flach. Werden jedoch viele Schichten übereinander geschaltet, spricht man von einem „tiefen“ Netz – daher der Begriff Deep Learning. Die Tiefe ermöglicht es, sehr komplexe Zusammenhänge in Daten zu erkennen.
Kann Machine Learning und Deep Learning gemeinsam eingesetzt werden?
Ja, in vielen praktischen Systemen werden Machine Learning und Deep Learning kombiniert.
Beispiel: Ein Deep-Learning-Modell extrahiert Merkmale aus Bildern, und ein Machine-Learning-Modell nutzt diese Merkmale anschließend für die endgültige Entscheidungsfindung.
Welche Arten von Problemen lassen sich besser mit Machine Learning als mit Deep Learning lösen?
Deep Learning ist stark, wenn es um unstrukturierte Daten wie Bilder, Videos, Audio oder Texte geht, da hier komplexe Muster in den Rohdaten erkannt werden müssen.
Machine Learning hingegen eignet sich besonders, wenn die Daten strukturiert und tabellarisch vorliegen, also etwa in Datenbanken mit klar definierten Spalten und Kategorien. Die Modelle sind einfacher zu trainieren, schneller einsetzbar und ihre Ergebnisse lassen sich leichter interpretieren.
Warum braucht Deep Learning mehr Daten als Machine Learning?
Deep Learning arbeitet mit neuronalen Netzen, die Millionen von Parametern haben. Damit diese Parameter zuverlässig gelernt werden, ist eine große Datenmenge nötig. Fehlen ausreichend Daten, „merkt“ sich das Modell Details und Zufälle aus den Trainingsdaten, statt echte Muster zu erkennen, das nennt man Overfitting. Dadurch liefert es bei neuen Daten ungenaue oder falsche Ergebnisse. Klassische Machine-Learning-Algorithmen haben deutlich weniger Parameter und benötigen deshalb auch weniger Daten, um stabile Vorhersagen zu treffen.
Was ist generative KI?
Generative KI ist eine spezielle Form der künstlichen Intelligenz (KI), die selbst neue Inhalte erzeugen kann. Sie nutzt vortrainierte Modelle, um beispielsweise Bilder, Texte oder Audiosequenzen zu erstellen. Grundlage dafür sind meist Deep-Learning-Verfahren, die große Datenmengen analysieren und daraus kreativ Neues ableiten.
Welche Rolle spielen digitale Checklisten oder standardisierte Daten für Machine-Learning-Anwendungen?
Digitale Checklisten liefern standardisierte und saubere Daten, die für Machine-Learning-Anwendungen in der Fertigung unverzichtbar sind. Sie verhindern Lücken und Inkonsistenzen, die bei Papier oder Excel entstehen. So können Algorithmen Abweichungen schneller identifizieren und Muster im Prozess aufdecken.
Welche Unterschiede gibt es zwischen regelbasierten Systemen und lernenden Modellen im Qualitätsmanagement?
Regelbasierte Systeme prüfen starre Vorgaben, sind aber unflexibel bei Abweichungen.
Lernende Modelle analysieren dagegen historische Daten, erkennen Muster und passen sich dynamisch an neue Situationen an. Dadurch lassen sich Fehlerquellen schneller identifizieren – besonders in komplexen Produktionsumgebungen.
Welche Best Practices gibt es für die Einführung von Machine Learning in einem Werk mit hoher Variantenvielfalt?
Der Einstieg gelingt am besten mit klar abgegrenzten Pilotprojekten. Auch hier ist es wichtig, standardisierte Datenquellen zu schaffen z.B. durch digitale Checklisten für Prüfungen oder Rüstprozesse. So entsteht eine saubere Basis, auf der ML-Modelle Unterschiede zwischen Varianten erkennen und Muster zuverlässig lernen können. Bewährt hat sich zudem ein enger Austausch zwischen Produktionsteams und Data-Science-Experten, damit Modelle nicht an der Praxis vorbeigehen.
Wie können ML-gestützte Systeme die Arbeitssicherheit in Produktionsanlagen verbessern?
Algorithmen analysieren Sensordaten und Checklisten in Echtzeit und warnen vor Mustern, die auf Gefährdungen hindeuten. So lassen sich Unfälle frühzeitig verhindern, etwa durch Hinweise auf sicherheitskritische Zustände oder fehlende Schutzmaßnahmen.
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