Jidoka: Definition, Ursprung und Vorteile im Lean-Management

Jidoka Methode in der Lean Production

Zusammenfassung: Sakichi Toyoda, der Gründer von Toyota, entwickelte Jidoka als eine der zwei Säulen des Toyota Production Systems (TPS), neben Just-in-Time. Jidoka hat die industrielle Fertigung grundlegend verändert, indem Maschinen Produktionsfehler eigenständig erkennen und den Prozess bei Abweichungen sofort stoppen. Dies erhöht die Prozessstabilität und verbessert die Effizienz, da unnötige Produktionsstillstände vermieden werden. Unternehmen reduzieren so den Aufwand für Qualitätskontrollen, senken langfristig Kosten und steigern ihre Wettbewerbsfähigkeit. 

Was ist Jidoka? (Definition)

Jidoka, auch als intelligente Automatisierung bezeichnet, ist ein Schlüsselelement der schlanken Produktion (Lean Manufacturing), das auf den Prinzipien von Fehlererkennung, automatischem Stopp und menschlichem Eingreifen basiert. Es ermöglicht die vollständige Kontrolle der Fertigung während des laufenden Produktionsprozesses, indem Maschinen Produktionsfehler erkennen und den Prozess sofort stoppen. Ursprünglich von Toyota entwickelt, bedeutet Jidoka wörtlich „Automatisierung mit menschlicher Note“. Jidoka hilft, Folgeschäden wie fehlerhafte Produkte, Produktionsstillstände und teure Rückrufaktionen zu vermeiden. Es verbessert die Qualitätskontrolle, steigert die Effizienz und senkt Kosten, indem Ausschuss und Nacharbeit verringert werden. Gleichzeitig entlastet das System die Mitarbeiter durch permanente Qualitätsüberwachung und sichert die Produktivität.

Ursprung der Jidoka-Methode

Jidoka, neben Just-in-Time eine der zentralen Säulen des Toyota Production Systems, hat seine Ursprünge in den frühen Entwicklungen von Toyoda Sakichi (1867-1930). Sakichi erfand einen automatisierten Webstuhl, der sich bei einem Fadenriss selbstständig abschaltete, um Fehler im Produktionsprozess unmittelbar zu erkennen und zu beheben. Die bahnbrechende Erfindung legte den Grundstein für das moderne Jidoka-Prinzip, das Taiichi Ohno (1912-1990), der Schöpfer des Toyota Production Systems, weiterentwickelte. Heute steht Jidoka für eine vollautomatische Fehlererkennung in der Produktion, unterstützt durch Sensoren und Detektoren. Das Ziel: Probleme in Echtzeit beheben und die Qualität sicherstellen, noch bevor Fehler Auswirkungen auf den gesamten Produktionsprozess haben.

Unterschiede zwischen Jidoka und Poka Yoke in der Lean Production

Jidoka und Poka Yoke sind beide wichtige Methoden der Lean Production, unterscheiden sich jedoch in ihrem Ansatz. Poka Yoke vermeidet Fehler, indem es Prozesse so gestaltet, dass menschliche Fehler gar nicht erst passieren können. Mit einfachen Mechanismen wird verhindert, dass bekannte Fehler entstehen. Besonders bei wiederholten Aufgaben in der Produktion ist dies entscheidend. Jidoka hingegen greift ein, wenn ein Fehler bereits passiert ist. Die Produktion wird gestoppt, um die Ursache zu beheben und die Qualität zu sichern. Während Poka Yoke präventiv ist, reagiert Jidoka auf Abweichungen im Prozess.

Die 4 Elemente des Jidoka-Prinzips

Das Jidoka-Prinzip im Lean-Management besteht aus 4 Elementen:

Erkennen von Abweichungen 

Der erste Schritt besteht darin, Abweichungen vom Normalbetrieb (Anomalien) im Produktionsfluss schnell und genau zu identifizieren. Dies wird durch fortschrittliche Automatisierung und Echtzeit-Überwachungssysteme erreicht, begleitet von menschlicher Überwachung.  Bediener sind nicht nur passive Beobachter; sie sind befähigt, aktiv zu handeln und ihr Fachwissen zu nutzen, um selbst kleinste Abweichungen vom Normalzustand zu erkennen.

Produktions-Stopp 

Sobald ein Defekt oder eine Anomalie erkannt wird, ist der nächste Schritt, die Produktion sofort anzuhalten. Dies ist im Jidoka-Ansatz unerlässlich, da so verhindert wird, dass fehlerhafte Produkte die Produktionslinie weiter durchlaufen. Die Bediener sind geschult, diese entscheidende Maßnahme ohne Zögern zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Probleme behoben werden, bevor sich diese ausweiten.

Fehlerbehebung

Nach dem Anhalten der Produktion muss die Ursache des Problems schnell identifiziert und behoben werden. Teams führen gründliche Analysen durch, um das unmittelbare Problem zu lösen und Korrekturmaßnahmen zu ergreifen. Dieser Prozess geht über oberflächliche Lösungen hinaus und konzentriert sich auf langfristige Ansätze, um die Grundursache zu beseitigen.

Implementierung von Gegenmaßnahmen

Der letzte Schritt konzentriert sich darauf, das erneute Auftreten des Fehlers dauerhaft zu verhindern, indem die Grundursache angegangen wird. So sollen zukünftige Störungen vermieden werden. Dies kann Systemanpassungen, eine Schulung der Bediener oder die Implementierung von Poka-Yoke-Techniken (Fehlervermeidung) umfassen. Ziel ist es, einen widerstandsfähigen Prozess zu schaffen, der das Risiko weiterer Fehler minimiert und die Produktionsstabilität gewährleistet.

Vorteile von Jidoka bzw. Autonomation

Jidoka bietet mehrere Vorteile, darunter:

1. Verbesserte Produktqualität

Fehler werden direkt während der Produktion entdeckt, wodurch sichergestellt wird, dass fehlerhafte Produkte nicht in nachfolgende Produktionsschritte gelangen. Dies verhindert, dass sich Mängel durch den gesamten Prozess ziehen, was spätere Korrekturen und Verzögerungen in der Fertigungsreihenfolge vermeidet.

2. Geringere Nacharbeitskosten

Probleme werden unmittelbar behoben, wodurch der Bedarf an teurer Nacharbeit reduziert und eine weitere Eskalation vermieden wird. Dadurch verringert sich auch der nachträgliche Aufwand für die Qualitätssicherung.

3. Minimierter Maschinenverschleiß

Technische Störungen werden rasch behoben, was größere Schäden und Maschinenstillstände verhindert. Zudem werden die Maschinen geschont, da sie nicht unnötig durch defekte Teile belastet werden.

4. Erhöhte Betriebseffizienz

Mitarbeiter werden von routinemäßigen Überwachungsaufgaben entlastet und können sich auf produktivere Tätigkeiten konzentrieren. Die automatische Fehlererkennung ermöglicht zudem eine schnellere Ursachenfindung, da die Anomalien sofort erkannt werden, wenn sie auftreten.

5. Reduzierter Abfall

Durch das Stoppen der Produktion bei auftretenden Problemen wird Materialverschwendung vermieden und der Prozess insgesamt ressourcenschonender gestaltet.

6. Kosteneinsparungen

Die Reduzierung von Fehlern, Abfall und Maschinenschäden führt langfristig zu deutlichen Einsparungen.

So implementieren Sie das Jidoka-Prinzip effektiv

Durch die Berücksichtigung der folgenden Punkte wird die Implementierung von Jidoka systematisch und effizient durchgeführt:

1. Jidoka auf allen Unternehmensebenen verankern

Damit Jidoka sein volles Potenzial entfalten kann, muss es genauso zentral wie Just-in-Time (JIT) verankert werden. Der Materialfluss – also die Bewegung von Materialien im Produktionsprozess – reicht allein nicht aus. Jidoka sorgt dafür, dass bei Fehlern sofort eingegriffen wird. Mitarbeitende, die Jidoka verinnerlicht haben, erkennen Abweichungen frühzeitig, stoppen Maschinen bei Problemen und arbeiten direkt an der Fehlerbehebung. Führungskräfte müssen sicherstellen, dass diese Prinzipien auf allen Ebenen verstanden und aktiv umgesetzt werden.

2. Bewertung der Jidoka-Bereitschaft im Unternehmen

Bevor Sie Jidoka implementieren, sollten Sie den aktuellen Stand Ihres Unternehmens genau prüfen. Eine Jidoka-Checkliste hilft dabei, Schwachstellen zu identifizieren – zum Beispiel fehlende Schulungen, unzureichende Fehlererkennungsmechanismen oder mangelnde Reaktionsprozesse bei Maschinenstopps. Diese Analyse bezieht alle Abteilungen ein und stellt durch eine präzise Dokumentation sicher, dass keine wichtigen Punkte übersehen werden. So können notwendige Anpassungen gezielt priorisiert und umgesetzt werden.

3. Gezielte Umsetzung planen

koordiniert die Implementierung in den betroffenen Abteilungen. Andon, ein visuelles und akustisches Signalsystem, erfasst Probleme in Echtzeit, zeigt sie sofort an und ermöglicht es den Mitarbeitenden, schnell zu reagieren, die Produktion bei Bedarf zu stoppen und den Fehler zu beheben.

4. Kontinuierliche Verbesserung sicherstellen

In einem Jidoka-System geht es bei einem Maschinenstopp um mehr als nur das Beheben eines Fehlers. Mitarbeitende melden Störungen aktiv und arbeiten gemeinsam an der Ursachenermittlung. So können zukünftige Fehler vermieden werden, was zur kontinuierlichen Verbesserung von Qualität und Sicherheit beiträgt.

Beispiele für Jidoka in der Fertigung

Im Folgenden finden sich konkrete Beispiele für die Anwendung von Jidoka in der Fertigung

Automatischer Maschinenstopp bei Fehlererkennung

Ein Verpackungsroboter in einer Produktionslinie stoppt automatisch, wenn eine Kamera einen fehlerhaften Aufdruck auf der Verpackung erkennt. So wird verhindert, dass fehlerhafte Produkte verpackt und weiter versendet werden.

Visuelle Kontrollsysteme in der Elektronikfertigung

In der Elektronikproduktion scannen Kameras automatisch jede Leiterplatte nach Produktionsfehlern, wie falsch positionierten Bauteilen. Wird ein Fehler erkannt, stoppt die Maschine sofort, und der Bediener wird alarmiert, um das Problem zu beheben, bevor eine fehlerhafte Charge entsteht.

Fehlererkennung durch Bediener bei der Automontage

In einer Automobilfertigungsanlage sind die Mitarbeiter geschult, den Produktionsprozess sofort zu stoppen, wenn sie ein Problem, wie eine lose Schraube oder ein beschädigtes Teil, bemerken. Dies verbessert die Gesamtqualität und verhindert größere Ausfälle in späteren Produktionsphasen.

Poka Yoke Mechanismen in der Montage

In der Montage von Haushaltsgeräten sorgt ein Poka Yoke Mechanismus dafür, dass Schrauben nur in der richtigen Reihenfolge und Position eingebaut werden können. Wenn eine Schraube falsch montiert wird, blockiert das System den nächsten Schritt, bis der Fehler korrigiert ist, wodurch kostspielige Nacharbeiten vermieden werden.

FAQ I Jidoka

Jidoka ist ein grundlegendes Konzept im Lean Management und bezieht sich auf die Fähigkeit, einen Produktionsprozess automatisch zu stoppen, wenn ein Fehler oder eine Abweichung auftritt. Dies geschieht durch den Einsatz von Sensoren oder Detektoren, die Probleme erkennen und eine sofortige Reaktion ermöglichen. Das Ziel von Jidoka ist es, die Qualitätssicherung zu erhöhen und die Effizienz in der Fertigung zu maximieren, indem Fehler sofort behoben werden, anstatt sie durch den Produktionsprozess fortzuführen.

Jidoka wird auch als „Autonomation“ bezeichnet, was „Automatisierung mit menschlicher Intelligenz“ bedeutet. Dieser Begriff beschreibt die Fähigkeit von Maschinen, selbstständig zwischen guten und fehlerhaften Teilen zu unterscheiden, ohne dass ein Bediener sie ständig überwachen muss. Dies verbindet Automatisierung mit einer intelligenten Entscheidungsfindung im Produktionsprozess.

  • Erkennung von Abweichungen vom Normalbetrieb (Anomalien)
  • Stoppen des Produktionsprozesses
  • Behebung des Problems
  • Implementierung von Gegenmaßnahmen

Poka Yoke verhindert Fehler von vornherein durch technologische Lösungen, die Fehler unmöglich machen. Jidoka hingegen stoppt den Prozess, wenn ein Fehler bereits aufgetreten ist. Poka Yoke zielt auf die Fehlervermeidung ab, während Jidoka die Fehlererkennung und -behebung in den Fokus stellt. Beide Methoden verbessern die Qualitätssicherung. Qualitätskontrolle bei.

Kaizen konzentriert sich auf kontinuierliche Verbesserungen durch kleine, fortlaufende Veränderungen. Jidoka hingegen sorgt für sofortige Fehlererkennung und -behebung während der Produktion. Während Kaizen langfristige Optimierung zum Ziel hat, stoppt Jidoka sofort den Prozess, wenn ein Fehler auftritt. Beide Prinzipien ergänzen sich im Lean Manufacturing.

Jidoka bedeutet, dass eine Anlage, Maschine oder ein Prozess bei einem Fehler automatisch gestoppt wird, um das Problem sofort zu beheben. Andon hingegen ist ein visuelles oder akustisches Signal, das auf ein Problem hinweist, ohne den Prozess automatisch zu stoppen. Andon wird verwendet, um den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, manuell zu reagieren oder Unterstützung anzufordern. Während Jidoka den Prozess unterbricht, sobald ein Fehler auftritt, dient Andon primär der Kommunikation und Entscheidungsfindung durch den Menschen.

Traditionelle Produktionsmethoden konzentrieren sich auf  fortwährende Produktion, auch bei auftretenden Fehlern. Jidoka stoppt den Prozess bei Fehlern, um Qualitätsprobleme direkt anzugehen. Dies führt zu weniger Nacharbeit und weniger Ausschuss. Die Qualität wird nicht am Ende, sondern während des Prozesses gesichert.

Die Implementierung von Jidoka erfordert oft hohe Investitionen in Technologie und Schulungen. Mitarbeiter müssen befähigt werden, Maschinen zu überwachen und Fehler zu beheben. Außerdem können häufige Stopps zu Produktionsverzögerungen führen, bis Prozesse optimiert sind. 

Image: Adobe Stock – Copyright: © Yurii Kibalnik – stock.adobe.com

Arne Reis

Gründer

Arne Reis, Founder of flowdit

Prozessoptimierer mit 25 Jahren Expertise, fokussiert auf operative Exzellenz in Qualität, Instandhaltung, EHS und Inbetriebnahme. Setzt auf innovative Lösungen und höchste Qualitätsstandards.

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